Freilerner Familien Camp Teil2
Fräulein Prysselius und Schwedens Freilerner-Familien
von Anika Albert 7/2022
Auf dem Familien Camp in Schweden fand sich ein buntes Miteinander von ca. 150 Menschen unterschiedlichen Alters und Hintergründen ein. Mein Mann Bernd hat hierzu bereits einen ersten Teil geschrieben. Ich möchte hier nun in Teil 2, etwas mehr auf die Familiengeschichten von einzelnen Teilnehmern eingehen.
Alle Familien, ob bereits aus dem Schulsystem ausgetreten, oder noch in der eigenen Findungs-Phase, wir alle haben eines gemeinsam, wir möchten nicht staatlich vorgeschrieben bekommen, was wir wann zu tun haben.
Das fängt schon damit an wann wir unseren Tag beginnen. Punkt 8 muss der junge Mensch in der Schule sitzen und die ganze Familie muss sich danach ausrichten.
Auf den eigenen Biorythmus hören zu können ist ein grosser Wunsch bei vielen Familien. Spontan und flexibel in der Gestaltung seines Tages sein zu können, wer wünscht sich das nicht? Während einer festgelegten Schulwoche ist es unmöglich als Familie ein anderes Bildungsprogramm am Vormittag in den Tagesablauf frei einzubauen und sei es nur ein Besuch im Museum am Morgen oder ein spontaner Ausflug.
Wir Eltern werden mit unseren Kindern erneut schulpflichtig und sind gesetzlich genötigt, uns an diese staatlichen Vorgaben zu halten. Die Schulpflicht ist an den Standort der Institution Schule gekoppelt. Tun wir das in Deutschland oder Schweden beispielsweise nicht, so werden wir kurz oder lang Auseinandersetzungen mit den Behörden bekommen. Wer wünscht sich schon einen Konflikt mit Schulamt, Schulbehörde, Ordnungsamt, Polizei, Jugendamt oder dem Gericht? All dieses Regelwerk und die Zuständigkeit der Behörden hat mit unserer Meldeadresse zu tun, die beim Einwohnermeldeamt registriert ist und wo wir in WohnHAFT sind. Von dort aus werden unsere Daten der Kinder an die Wohnort gebundene Schule weitergeleitet. Sobald der junge Mensch das schulpflichtige Alter erreicht hat werden wir angeschrieben und zum Einschulungsgespräch und zur Schulärztlichen Untersuchung geladen.
Beim Freilerner Camp kommen wir mit vielen Menschen ins Gespräch, denen es ähnlich geht. Es wird schnell deutlich, dass sich keine der Familien auf diesen neuen Weg, „Frei sich bilden“ , begibt, ohne einen triftigen Grund zu haben? Die Familien sind weder verwahrlost noch delinquent. Im Gegenteil, sie sind stark daran interessiert, dass ihre Kinder in der Welt Zuhause sein können und sie sich frei entwickeln können. Diese grossen und kleinen Menschen die wir kennen lernen durften, haben nicht nur einen hohen IQ, nein sie haben auch einen mindestens gleich hohen EQ den EmotionsQuotient. Jeder Mensch hat individuelle Interessen und Fähigkeiten die sich im starren Korsett des Schulsystems nur sehr reduziert entwickeln können da einfach der vorgegebene Lehrplan wenig Individualität zulässt. Was uns alle vereint ist der Ruf der Freiheit für uns und unsere Kinder fernab der „Verformung“ auf Industrie Interessen.
So ist es nicht verwunderlich, dass die meisten Eltern mit denen wir beim Kochen oder im Gesprächskreis in Kontakt treten bedauerlicherweise das Heimatland verlassen haben oder es verlassen mussten um keine behördlichen Anordnungen über sich ergehen lassen zu müssen, im schlimmsten Fall die Wegnahme der eignen Kinder. Dieses AngstBild, die eignen Kinder könnten Fremd untergebracht werden, hängt gefühlt wie ein Damoklesschwert über den Teilnehmern des Camps.
Ich muss gestehen, dass ich immer noch sehr bestürzt darüber bin, dass in einem Land wie Schweden, mit so viel Natur, dem Allemansrätten und so vielen anderen positiven und freien Dingen für Familien, es eine Minderheit von Menschen gibt, die sich hier im Land nicht frei mit ihren Kindern entfalten können, obwohl die ihre Natur ist. Ihre Bedürfnissen und Wünsche bleiben ungehört und unterdrückt. Nur hier, unter Gleichgesinnten wird dies ernstgenommen, was wie ein Balsam für die Seele ist.
Drei schwedische Familien berichten uns, dass sie sich die Hilfe einer Auswanderer Vermittlung zu Nutze gemacht haben, um nach Tschechien zu ziehen. 1600€ haben sie bezahlt berichten sie. Sie leben nun in Prag um mit ihren Kindern freilernend leben zu können. Eine weitere Familie berichtet, dass sie in Tschechien gemeldet sind, jedoch das ganze Jahr über in ihrem Camping Mobil leben. Sie haben eine Adresse in Tschechien, waren jedoch noch nie an ihrer Meldeadresse. Sie seien mit dem Camper flexibel und können reisen. Tschechisch lernen sie nicht, erzählen sie, die Kinder können fließend englisch. So berichten es auch die beiden anderen Familien die nach Tschechien geflüchtet sind. Die Kinder waren in der schwedischen Schule unterfordert und hätten sich sehr gelangweilt. Auf individuelle Förderung wurde nicht eingegangen. Die Familie hat sich in Prag eine Wohnung gemietet, sie leben jedoch die Hälfte des Jahres in Europa mit ihrem Camper und sind reisend unterwegs. Der Vater arbeitet als Programmierer und ist ortsunabhängig, so dass die Familie hier nicht an einen Standort gebunden ist. Die Kinder besuchen eine Onlineschule, sie heißt Galileo XP, wird jedoch derzeit in Kubrio School umbenannt. Die Schule arbeitet mit Westriver School zusammen um Examen oder Diplome auszustellen. Die Kinder können hier online über den Tag verteilt Kurse und Workshops besuchen, was sie gerade interessiert.
Ein anderer Vater machte im Gesprächskreis Mut und berichtete, wie er vor vier Jahren das erste mal zum Freilerner treffen kam. „Meine liebe Frau schleppte mich hier her“, berichtete er, „dafür bin ich ihr heute noch dankbar“. Er dachte zunächst er würde auf lauter Spinner treffen und war recht konservativ eingestellt. Ausprobieren ist das Rezept sagte er gut gelaunt und lachend. Der eine bevorzugt es analog der andere mit digitalen Medien, es gibt kein richtig oder falsch. Vertraue dir selbst, finde deinen eignen Weg ist die Devise. Wir Eltern müssen unsere eigene innere Stärke entwickeln. Das macht uns stark nach Außen. Wenn wir unser eigenes Schoolmindset hinterfragen und anfangen unserer Prägung zu hinterfragen, werden wir auch bessere Lernbegleiter für unsere Kinder sein.
You choose your lifestyle. They are so many unknown options.
Eine schwedische Familie mit ihrem drei jährigen Kind war auf dem Camp, da ihnen eine Freundin vom Freilernen berichtet hat. Die Mutter hatte noch nie etwas davon gehört und war sehr neugierig den Erzählungen der Freundin zu lauschen. Sie habe den Beruf der Ärztin gelernt, sie sei jedoch mit ihrem Job im Krankenhaus sehr unglücklich gewesen. Die Hektik vor Ort, keine Zeit für den einzelnen Menschen zu haben, die Pharmaindustrie im Genick, all das hat sie nach der Geburt ihres Kindes dazu bewegt erst einmal aus dem Beruf auszusteigen und ihren eignen Bildungsweg zu hinterfragen. Ihr Wunsch ist es, auch dass sich ihre Tochter frei entfalten kann, in einem Land ohne Schulzwang. Die Familie plant ebenfalls das Land in Richtung Osten zu verlassen. Ihr Mann ist ebenfalls Programmierer und könnte Ortsunabhängig, natürlich mit gutem Internetempfang arbeiten.
Nachdem 2011 die Gesetze geändert wurde und in Schweden die Schulbesuchspflicht im Gesetz verankert wurde, flohen einige Freilerner Familien auf die finnische Insel Åland. Hier können sie mit der Amtssprache schwedisch bisher ihre Kinder frei sich bildend aufwachsen sehen und auf ihren Höfen oder in ihren Häusern leben.
In Dänemark leben auf der Insel Bornholm ebenfalls viele Freilerner Familien, sowohl Dänen, Schweden als auch einige deutsche Familien. Schon längere Zeit hegen wir den Wunsch einmal auch nach Bornholm zu fahren um dort Familien zu treffen die ihre Kinder ohne Schulbesuchspflicht großziehen. Letztes Jahr trafen wir „Reisemama“ sie war mit ihrem Kombi über ein halbes Jahr mit ihrer Tochter in Schweden unterwegs und hatte auch schon einige Zeit auf der dänischen Insel mit Freilerner Familien verbracht. Auch sie berichtete von der positiven Energie auf Bornholm, daher kommt sie immer wieder hierher gerne zurück.
Eine schwedische Familie berichtet, dass sie als Auswanderer Familie in Schottland die besten Erfahrungen gesammelt haben. Eine andere erzählte von tollen Erfahrungen in Spanien wo sie in einem Freilernerdorf in Andalusien lebe. (Worldschooling Andalucia Spain)
Ich merke im Gespräch, das wir alle zwar aus unterschiedlichen Ländern mit eignen Normen, Werten und gesellschaftlichen Zwängen kommen, eine Sache jedoch, verbindet alle miteinander: Die Sehnsucht nach einem Leben in dem wir als Menschen frei leben können ohne uns ständig vor Behörden rechtfertigen zu müssen, warum wir einen anderen Bildungsweg für unsere Kinder möglich machen wollen. Ich habe persönlich nichts gegen Schule im allgemeinen einzuwenden ich spüre jedoch seit meiner eignen Schullaufbahn, obwohl ich das Glück hatte auf eine Waldorfschule zu gehen, das sich hier in der Struktur und dem wie gelernt wird schleunigst etwas ändern muss.
Der Mensch als eigenständiges Individuum sollte im Mittelpunkt stehen. Ich denke es sind vor allem die starren Strukturen der Schule die nicht mehr zeitgemäss sind, es wahrscheinlich noch nie waren, denn unser preußisches Schulsystem hat sich im Grunde in den letzten 100 Jahren kaum verändert.
Es wird kein Stock mehr für eine „Tatze“ bereit gelegt um den jungen Menschen zu züchtigen. Hörige Schüler (und Eltern) bekommt man auch heute noch, in dem mit Methoden der Angst, des Gehorsams und mit Leistungsdruck , im Prinzip Institutionelle Gewalt, gearbeitet wird.
Schaut man in Deutschland auf die jüngste Entwicklung in der Gesundheitspolitik mit Maske über Mund und Nase, Abstands Regeln und Hygiene Plan, so kann ich nicht sagen, wir hätten uns als Menschen im positiven Sinne weiterentwickelt. Eine höchst ungute Hörigkeit über Ämtern und scheinbaren Spezialisten ist entstanden.
Wir geben Verantwortung ab und lassen unsere Kinder er-ziehen. In wie weit der einzelne Mensch in seiner Kreativität jedoch ausgebremst wird, ist vielen gar nicht bewusst. Es gibt so viele Dinge im Tagesablauf die unsere Zeit in Anspruch nehmen. Ich stelle mir ein Rad vor, welches in schneller Fahrt in Bewegung gebracht wurde. Nein, diese Beschleunigung abzubremsen geht nicht schnell, es bedarf vielmehr Zeit.
Fangen wir an, einmal abgebremst unsere Umwelt zu betrachten, so sehen wir womöglich „Secret doors“ Diese Metapher benutzte ein schwedischer Vater in der Gesprächsrunde. Es wird sehr spannend sein hinter diese verborgenen Türen zu blicken, denn hat man es geschafft kürzer zu treten und nicht mehr nur zu funktionieren, so tun sich Türen auf von denen man nicht gewusst hat das sie da sind. Wir müssen nur so mutig sein diese auch zu öffnen.
Eine deutsche Familie mit 4 kleinen Kindern ist seit einigen Monaten mit dem Wohnwagen unterwegs. Der älteste schulpflichtige Junge ist 8 und hat noch keine Berührungspunkte mit einer Schule gesammelt. Die Familie hat bereits eine Odysee mit den oben aufgeführten Ämtern hinter sich, denn sie wollte nach beruflichen Strapazen reisend unterwegs sein. Dies wurde vom Schulamt nicht akzeptiert und der Wunsch der Familie zu reisen aufgrund der bestehenden Schulpflicht untersagt. Für die zurückliegende Zeit des NICHT beschult worden seins bekam die Familie Bussgelder und musste trotz anwaltlicher Hilfe am Ende ein Zwangsgeld von 3000€ hinnehmen. Sie zogen daraus die Konsequenz dass sich die Mutter mit den älteren beiden Kindern aus Deutschland abmeldete um weiteren Ärger mit den Behörden zu vermeiden. Man könnte bei dieser Betrachtung von Verfolgung Andersdenkender sprechen.
Bei den meisten deutschen Freidenkenden und frei sich bildenden Familien, kommt bedingt durch die Lobbyistenpolitik in der Schule, hinzu, dass sie ihre Kinder nicht der staatlichen Herrschaftsgewalt weiter ausliefern möchten.
Wir selbstbestimmten Eltern wollen unsere Kinder nicht in solch ein System zwingen. Unsere Kinder sind keine Testpersonen für Medizin-Produkte. Der klare Menschenverstand zeigte vielen Eltern sehr deutlich in der Krise auf, das der Schulbesuch für unsere Kinder sogar zur Gesundheitsgefährdung wurde.
Das behördlich angeordnet, der Drang zum freien Atmen und Körperkontakt verboten wurde, zeigt wie weit es gesamt gesellschaftlich gekommen ist und wie viele Eltern Druck und Zwang hinnehmen, nur um Konflikte zu vermeiden. In welchem kranken System wir festsitzen wird dadurch gegenwärtig mehr als deutlich. Das Fass wurde sprichwörtlich zum Überlaufen gebracht und viele Familien suchen derzeit Wege aus diesem goldenen Käfig hinaus in die Freiheit, zum Wohle und zum Schutz ihrer Kinder. Sobald man sich und die Kinder persönlich abgemeldet hat und beim Einwohner Meldeamt nicht mehr als Schulpflichtig erscheint hat man seine Familie aus der Schusslinie der alten preußischen Schulpflicht gebracht.
Wir selbst sind derzeit noch an unserer Meldeadresse in Deutschland, unsere Grundschule hat uns als beruflich reisend eingestuft, da wir stichhaltig darlegen konnten unsere Arbeit durch Plandemiemassnahmen, und vor Allem unverschuldet, verloren zu haben. Wir sind auf der Reise und auf der Suche nach neuen Lebensinhalten und Arbeit. Wir haben sozusagen derzeit sehr viel Glück im Unglück und sind gespannt wie sich unser Lebensweg weiter entwickelt. Ein Familiärer Zusammenhalt ist die beste Grundvoraussetzung für diesen neuen Lebensweg, abseits der gesellschaftlichen Norm.
Aus meiner eignen Arbeit als Sozialpädagogin bei der Jugendgerichtshilfe, der Schule oder Familienhilfe konnte ich einige Erfahrungen mit Institutionen sammeln. Ich fing schon damals während meiner Arbeit als Familienhelferin an, das staatliche Wächteramt wie es so schon heißt zu hinterfragen. Die Staatliche Kontrolle des Jugendamtes wirkt auf viele Familien abschreckend und ist zurecht auch mit Angst behaftet.
Schon in Astrid Lindgrens Büchern mit Pippi Langstrumpf möchte Fräulein Prysselius vom Jugendamt die arme Pippi aus ihrer Villa Kunterbunt herausholen. Da sie nicht zur Schule geht und den Anschein erweckt, sie käme nicht alleine klar ohne Eltern.
Astrid Lindgren hat sich bereits damals um 1945 Gedanken zu diesem Thema gemacht. Das lustige und kreative Mädchen Pippi war so ganz anders als ihre beiden an gesellschaftliche Normen und Werte angepassten Freunde Tommy und Annika.
Ich finde dass institutionelle Gewalt und die Inobhutnahme von Freilerner-Kindern so gar nicht zu einem freien Schweden passt. Es gibt immer schwarze Schafe, doch an der Figur der „Amtsperson“ Fräulein Prysselius aus Astrid Lindgrens erfolgreichem Kinderbuch können wir gut unsere Einstellungen zu Behörden und dem Freiheitsbegriff überdenken. Vielleicht sollte Pipi dem schwedischen Parlament einmal einen Besuch abstatten!?
Mit diesem Bild der lebensfrohen, freigeistigen Pippi schließe ich meine Betrachtungen und positiven Erinnerungen an wundervolle Tage mit Freunden ab. Wild, stark, großzügig, ohne Angst, unabhängig, selbstbewusst und frei so ist Pipi und so sind auch viele Freilerner.
Doch auch zur Freiheit sollte niemand gezwungen werden. In wie weit man die persönliche Freiheit auslebt sollte jedem selbst überlassen werden.
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